Die WEISSER RING Stiftung hat ihren ersten Forschungsauftrag an ein Forschungsteam der Universitäten Heidelberg und Gießen sowie des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit Mannheim vergeben.
Ziel der Studie ist es, die mit dem Ermittlungsverfahren verbundenen Belastungen von Kriminalitätsopfern einerseits und die Erwartungen von Opfern an das Verfahren andererseits zu dokumentieren. Auch weitere Verfahrensbeteiligte und Angehörige der Opfer sollen befragt werden. Es wird dabei empirisch untersucht, welche eventuell vermeidbaren Belastungen das Verfahren für Kriminalitätsopfer mit sich bringt und welche Ermittlungsmethoden sie als belastend oder unterstützend wahrnehmen. Auf Grundlage der Ergebnisse werden Handlungsempfehlungen an Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte erarbeitet.
Das Forschungsprojekt ist am 1. August 2015 gestartet und wurde am 31. Dezember 2016 beendet. Der Forschungsbericht ist erstellt.
Opfer und ihre Angehörigen sind schon durch die Straftat selbst erheblich in ihrer Lebensführung gestört. Vernehmungen, Spurensicherung und andere Maßnahmen im Ermittlungsverfahren sind zusätzliche Belastungen. Opfer müssen Polizei und Staatsanwaltschaft häufig für Befragungen zur Verfügung stehen, die sich unter Umständen mehrfach wiederholen. Das bedeutet auch die ständige Wiederholung des Tatgeschehens und der damit verbunden Ängste und Leiden. Es ist nicht leicht, dabei dann noch die mitunter unsensible Gesprächsführung und das natürliche Misstrauen der Ermittlungsbeamten den eigenen Aussagen gegenüber zu ertragen.
Darüber hinaus werden Opfer oftmals nicht ausreichend über die eigenen Rechte und Pflichten, den Ermittlungsstand oder bevorstehende Verfahrensschritte informiert. Viele haben deswegen das Gefühl, dass die eigene Rolle im Ermittlungsverfahren im Vergleich zu der des Täters zu gering geschätzt wird. Die Mitarbeiter des WEISSEN RINGS erleben das in ihrer alltäglichen Arbeit mit Kriminalitätsopfern immer wieder. Besonders deutlich wurde das Problem im Rahmen der Arbeit des Untersuchungsausschusses zu den sogenannten NSU-Taten und durch den in München laufenden Strafprozess mit den zugehörigen Ermittlungsumständen im vergangenen Jahr.
Sowohl der Gesetzgeber als auch die Ermittlungsbehörden haben durch Opferschutzgesetze und Opferbeauftragte der Polizei in den vergangenen Jahren bereits Maßnahmen eingeleitet, um den Bedürfnissen von Kriminalitätsopfern Rechnung zu tragen. Vieles ist aber nach wie vor ungeklärt – bespielsweise ob Techniken wie Videovernehmungen statt persönlicher Aussagen vor Gericht tatsächlich positive Auswirkungen auf die Opfer haben und welche Belastungen zusätzlich abgemildert oder vermieden werden können. Diese Lücke soll das Forschungsprojekt nun schließen.
Zum Forschungsteam gehören die Professoren Dieter Dölling, Dieter Hermann, Andreas Kruse, Eric Schmitt, Britta Bannenberg, Harald Dreißing und Joachim Salize.